Von der Bedarfswirtschaft zur Wegwerfgesellschaft
Die Produktion übersteigt das, was wirklich gebraucht wird – was lässt sich dagegen tun?
Dass wir schon seit vielen Jahren in einer so genannten Wegwerfgesellschaft leben, hat auch damit zu tun, dass von allen Produkten mehr als genug vorhanden ist, der Wert des einzelnen Produkts also gering ist. Der Wert eines einzelnen Gegenstands schwindet sozusagen mit seiner massenhaften Verfügbarkeit, was nicht nur schade ist, sondern auch in sich den Drang nach „mehr und immer mehr“ trägt. Allein die Anzahl von durchschnittlich 10.000 Gegenständen, die der heutige Erwachsene hierzulande besitzt, ist schockierend. Brauchen wir all das, wenn doch noch vor wenigen Jahrzehnten ein Mensch nur 500 Gegenstände besaß? Die Frage ist rhetorisch, aber sicher auch dazu angetan, sich einmal die verschiedenen Formen der Produktion mit ihren Auswirkungen anzusehen.
Die traditionelle Produktonsweise: die Bedarfswirtschaft
Man findet sie auch heute noch in eher abgelegenen Ländern, eine Form der Bedarfswirtschaft, die man auch als Selbstversorgung oder Selbstgenügsamkeit bezeichnen kann. Eine wichtige Voraussetzung für diese Form des „Ich produziere alles, was ich brauche, selbst“, besteht jedoch darin, dass man die entsprechenden Produktionsmittel zur Verfügung hat. Bei der Selbstversorgung wäre dies ein kleines oder größeres Stück Land, auf dem man Obst und Gemüse anbauen bzw. auch Nutztiere halten kann, die Wolle für Kleidung etc. liefern. Der Bedarf wird bei dieser Form dadurch befriedigt, dass man nicht Konsument von vorgefertigten Produkten ist, sondern alles selbst erzeugt, was man für seinen täglichen Bedarf benötigt. Dass sich immer mehr Menschen, gerade auch Großstädter, die das entfremdete Einkaufen von „Ware“ satt haben, für die Bedarfswirtschaft interessieren, liegt auf der Hand.
Das Rad zurück drehen? Nein, aber Nischen schaffen!
Dass die Gesellschaft weg von der traditionellen ländlichen Produktion gekommen ist und heute überwiegend in Städten lebt, ist Fakt und nicht rückgängig zu machen. Das will auch niemand, aber aus dem Unbehagen des massenhaften, entfremdeten Konsums auszusteigen, den Dingen damit auch wieder mehr Wert durch eine größere Nähe zu ihrer Herkunft zu geben, scheint jedoch für viele Menschen reizvoll. Das Grauen, das sich beim Anblick von Kinderzimmern einstellt, die voll mit wahren Bergen von Puppen sind oder in Form von Autos niederschlägt, die nach kurzer Zeit kaputt sind, trifft auf das gleiche Befremden, das sich beim Anblick von überquellenden Tüten mit dem Logo mancher billig produzierender Ketten ergibt. Es ist also Zeit für eine Unterbrechung des „immer mehr, immer billiger“!
Wie es zur Massenproduktion kam
Im 19. Jahrhundert wurde mit der Erfindung von die menschliche Kraft ersetzenden Maschinen und Fließbändern der Grundstein für die heutige millionenfache Produktion von gleichförmigen, normierten Dingen gelegt. Dass die Menschen nun keine Knochenarbeit mehr erledigen mussten, wurde natürlich begrüßt, es wurde aber auch eine bis heute nicht zu stoppende Lawine in Gang gesetzt, die sich als „Es muss noch mehr sein“ beim Konsumenten im Denken niederschlägt. Wer als Konsument gut „trainiert“ ist, der braucht jedes Jahr ein komplett neues Outfit, der muss alle zwei Jahre neue Möbel haben. Nur, ist er wirklich glücklicher damit, oder ist dieser Massenkonsum nicht am Ende der Ersatz für ein wirklich sinnerfülltes Leben? Und wenn dem so ist, wie könnte dieses aussehen? Hier könnte sich ein Kreislauf schließen, nämlich durch die Rückkehr, zumindest in Teilen, zu der erwähnten Bedarfswirtschaft. Selber Produzieren macht glücklich – kurz zusammen gefasst.
Sein eigenes Gemüse anbauen – ein erster Schritt
Wer sich nicht völlig auf ein autonomes Leben in einem fernen Land einlassen will oder kann, kann auch heute und hierzulande ein Stück Bedarfswirtschaft wieder haben. Immer häufiger entstehen im Umland größerer Städte Projekte, bei denen gemeinschaftlich gearbeitet und gelebt wird, mit dem Ziel, so wenig wie möglich hinzu kaufen zu müssen. Und dass es wirkt und funktioniert, ist Tatsache. Wer diesen Schritt nicht gehen will, kann sich aber als Besucher und Förderer betätigen und so auch an der Ernte teilhaben. Das Verhältnis zu den täglich konsumierten Dingen wird sich so auch nachhaltig verändern. Nicht mehr „Ich hol mal schnell x beim Discounter“, sondern ein bisschen mehr Mühe, aber für etwas aufgebracht, das in sich stimmig und sinnvoll ist. Das macht glücklich und ein Gefühl von „Klasse statt Masse“ stellt sich ein.